Einfach rausgehen und drauf los spazieren – das habe ich noch nie gern gemacht. Ziellos durch die Gegend wandern, um … warum genau? Wieso sollte ich das tun? Klar, wenn ich ein fußläufig erreichbares Ziel habe wie die Bank oder den Zahnarzt. Aber selbst da am liebsten mit Podcast im Ohr oder dem Handy in der Hand. Dabei können Spaziergänge enorm viel in unserem Schreiben bewirken.

Spazieren für die Ruhe

Wir sind eigentlich dauerhaft belastet mit irgendwelchen Eindrücken. Manchmal regt mich schon der wirklich sowieso schon leise Lüfter im Drucker auf und ich muss ihn ausschalten, um einfach ein bisschen Ruhe zu bekommen. Aber flimmernde Fernseher, aufleuchtende Handydisplays und dauerhaft laufende Radios – überall werden wir überflutet mit Bildern und Geräuschen und bekommen die Stille oft nur in den Kopf, wenn wir schlafen gehen. (Nicht mal da, wenn man wie ich zum Schlafen Podcasts hört oder YouTube-Videos schaut.)

Dabei könnte Ruhe so viel in uns auslösen, so viele alte und neue Gedanken wecken, die zu Geschichten werden können. Einfach alles ausschalten. Klar, kannst du dich auch einfach still in ein leises Zimmer hocken und nachdenken. Oder du gehst raus und einfach los. Am besten wenn möglich an sehr naturbelassenen Orten, in einem Wald oder auf weiten Wiesen, da haben wir es auf dem Land schon recht leicht. Wenn wir nur noch den Specht gegen einen Baum hämmern hören, das Surren der vorbeifliegenden Insekten und das Knistern von Blättern unter den Schuhsohlen.

Spazieren für die Suche

Es sollte eher heißen: Spazieren für das Finden. Ich wusste schon lang, dass ein Spaziergang Inspiration auslösen kann. Daran geglaubt habe ich nicht wirklich. Was soll mir auf dem Weg schon begegnen, aus dem ich neue Kreativität schöpfen kann? Also habe ich es einmal skeptisch ausprobiert auf dem Weg zum Bäcker. Das sind in Summe ungefähr zehn Minuten, die meisten davon an der Hauptstraße, auf dem Rückweg bin ich einen kleinen Umweg gegangen, um zumindest nicht im Straßenverkehr, sondern durch eine Wohnsiedlung zu laufen.

Und als hätte mein Kopf sich gedacht: „Sie glaubt also nicht, dass sie auf der altbekannten Strecke etwas Neues entdecken kann?“ hat er plötzlich so viele Kleinigkeiten auf dem Weg entdeckt. Und nicht nur das. Auch völlig offensichtliche, täglich gesehene Dinge – das Haus des Nachbarn – hat ohne großes Zutun eine Geschichte in meinem Kopf geformt. Also: Selbst wenn die Strecke bekannt ist, kann dein kreatives Hirn immer wieder etwas Neues entdecken.

Spazieren für die Figuren

Wo wir ländlich lebenden Schreiberlinge Ruhe finden, finden Städter etwas ganz anderes: Menschen. Dass ich auf meiner üblichen Spazierstrecke (sofern man bei der Seltenheit von üblich sprechen kann) einem Menschen begegne, ist ziemlich unwahrscheinlich.

Ginge ich die Hauptstraße entlang oder wohnte ich in der Stadt, sähe das schon wieder ganz anders aus. Auch wenn es mit der Ruhe dann nicht so einfach ist, kann man auch hier enorm viel Kreativität schöpfen. Das, was die meisten Schriftsteller sowieso gerne tun: Beobachten. Picke dir einen Menschen heraus, dem du begegnest. Überlege dir, wo er wohl gerade hingeht, was er gemacht hat oder was in seinem Kopf und seinem Leben gerade los ist. Vielleicht entsteht so ganz von selbst eine Figur für deine nächste Geschichte – und sie liefert dir seine Story gleich mit.

Spazieren gegen die Schreibblockade

Durchatmen, Pause machen und bewegen sind übliche Tipps, die ein Schriftsteller bekommt, wenn es mit dem Schreiben gerade nicht so klappt. Steckst du in einer Schreibblockade fest, kann es dir enorm helfen, wenn du an die frische Luft gehst. Und setze dich auch hier nicht unter Druck. Du musst nicht die bahnbrechende Idee finden, wenn du in der Natur unterwegs bist und nicht der spannendsten Figur begegnen, während du durch die Straßen schlenderst. Sammle einfach neue Kraft und setze dich anschließend wieder motiviert an dein Werk.  

Wie spazierst du?

Bist du jemand, der wie ich Dauerbeschallung braucht und nur mit Kopfhörern im Ohr aus dem Haus geht? Oder genießt du die Umgebung und die Menschen um dich herum? Sind dir schon tolle Ideen gekommen, nur weil du eine Weile draußen warst, ohne an etwas bestimmtes zu denken? Schreib es mir gerne in die Kommentare. Und verpasse auch nicht die weiteren Teile der Reihe „Wie geht eigentlich … Inspiration?“. Am besten meldest du dich gleich für den Newsletter an.