Alles, wirklich alles, kann uns Inspiration bieten und Ideen für Geschichten wecken. Hast du dich schon mal gefragt, was deine Bettdecke denkt, wenn du sie jeden Morgen durchschüttelst? Oder wohin das alte Tor ein paar Straßen weiter führt? Oder ob die neugierige Nachbarin, die über alle Bescheid weiß, einen Mordfall aufklären könnte?

Es gibt zahlreiche Möglichkeiten, Inspiration zu finden. Ein Spaziergang, die Tageszeitung, der Trasch im Büro – alles Dinge, auf die ich in der „Wie geht eigentlich … Inspiration?“-Reihe eingehen werde. Aber aus aktuellem Anlass geht es heute um: Das Kalenderblatt.

Kalender im Alltag

Ich habe mehrere Kalender in unterschiedlichsten Formen und Größen. Ein flächendeckender Wandkalender hängt beispielsweise im Bandraum, um dort die Auftrittstermine und geblockten Tage aller Bandmitglieder einzutragen. Im Arbeitszimmer hängt ein Familienplaner mit niedlichen Tierbildern – aktuell ist immer noch das Kalenderblatt von Januar 2020 ganz vorne, also wirklich genutzt habe ich ihn nicht. Dann gibt es kleine Taschenkalender, in denen ich eintrage, was ich den ganzen Tag über erledigt habe, einen Excel-Kalender, in dem ich minutengenau vermerke, wie lange ich für welche Aufgabe gebraucht habe und der Handy-Kalender, in dem ich (momentan recht wenige) Termine eintrage.

Kalender sind in meinem Alltag quasi überall. Wie lässt sich aber ein Kalender nutzen, um Geschichten zu entwickeln? Bestimmt nicht, wenn du ständig vor Augen hast, was du noch erledigen musst. Aber nicht jeder Kalender ist gleich ein Arbeitskalender.

Kalender im Schreiballtag

Vor inzwischen drei Jahren habe ich mir gleich mehrere Tageskalender gekauft. Einen mit literarischen Zitaten, einen mit unnützen Fakten und einen mit Bildern aus aller Welt. Im selben Jahr ist aus letzterem bereits vom ersten Blatt, dem 1. Januar, eine Kurzgeschichte entstanden. Darauf war ein Hundeschlitten mit mehreren Huskys und auf der Rückseite ging es um das Hundeschlittenrennen in Alaska. Gerade recht kam mir da die Anthologie der Rosenheimer Autoren, in denen wir ein Winterthema mit der Region verknüpfen sollten. Und auch hier gibt es ein Hundeschlittenrennen, zumindest behauptet das meine Recherche. Und so ist die Kurzgeschichte „Gummibärchen und Erde“ entstanden.

Seither liegen die eigens für das Schreiben gekauften Kalender in meinem Arbeitszimmer. Mal in einer Kiste, inzwischen in einer Schublade unter dem Schreibtisch. Aber da liegen sie eben. Und nach einem Motivations-Boost gestern – das Wetter war traumhaft, ich hatte ein tolles Interview mit einem Hörbuchsprecher vor mir und noch etwas Zeit und saß sowieso gerade am Schreibtisch – habe ich sie wieder hervorgekramt.

Schreiben mit einem Kalenderblatt

Schon ein Bild, ein Zitat oder ein unnützer Fakt können Ideen in deinem Kopf entstehen lassen, schaffen Atmosphäre oder versetzen dich in eine bestimmte Stimmung. Manchmal lösen schon die kleinsten Situationen, winzige Textfetzen oder Fotos oder Zeichnungen etwas in uns aus. Bevor du den Gedanken gleich wieder wegwischt, spinne ihn weiter. Nimm dir fünf Minuten Zeit alle Ideen zuzulassen und daraus vielleicht etwas entstehen zu lassen, womit du gar nicht gerechnet hättest.

Mein Kalender mit unterschiedlichsten Bildern aus der Welt zeigt auf der Vorderseite nicht nur ein Foto, sondern erzählt dazu auf der Rückseite eine mit dem Bild zusammenhängende Geschichte. Hier gibt es also auf nur einem Kalenderblatt bereits zwei Möglichkeiten, Ideen zu finden. Weil bei meinem Versuch gestern das Bild der Astronomischen Uhr mit Glockenspiel aus Bern allein nichts in mir ausgelöst hat, habe ich mir die Fakten auf der Rückseite durchgelesen. Und dabei ist mir eine Sache besonders aufgefallen: „Dreieinhalb Minuten vor der vollen Stunde kräht der Hahn, um daran zu erinnern, dass bald wieder eine Stunde vorbei ist.“ Was für ein völlig zufälliger Gedanke. Ein Hahn, der zu früh kräht, um mittzuteilen, dass bald eine Stunde vorbei ist? Weil das Kalenderblatt nicht nur Foto und Infos zum Foto preisgibt, sondern auch die aktuellen Namenstage, hatte ich nicht nur die Inspiration für eine Geschichte, sondern auch gleich den Namen meiner Protagonistin: Ellen. (Spolier: Ihr Name wird nicht einmal in der Kurzgeschichte erwähnt.)

Schreiben mit mehreren Kalenderblättern

Um deinen Kopf kreativ herauszufordern und noch vielseitigere Ideen sprudeln zu lassen, kann es helfen, dir zusätzlich ein zweites Kalenderblatt danebenzulegen. Vielleicht hast du noch einen ganz anderen Kalender, den du mit dem ersten Blatt verknüpfen kannst. Etwa ein Zitat, das in der Geschichte vorkommen soll, oder ein zweites Bild. Vielleicht reicht schon zu wissen, wer Namenstag hat, welches Sternzeichen momentan am Himmel steht oder um welche Zeit an diesem Tag die Sonne untergeht.

Weil ich etwas aus der Übung bin – im vergangenen Jahr habe ich hauptsächlich an fremden Texten oder journalistisch gearbeitet und mein eigenes Schreiben vernachlässigt – hat mir die bloße Info worüber ich schreiben will und wie meine Figur heißen soll noch nicht gereicht. Also habe ich mir einen weiteren Kalender aus meinem Wust an Kalendern gefischt und dabei einen gefunden, der die Geschichten von geretteten Tieren erzählt. Und im Januar geht es um Claudine, eine Ziege, die nach schweren Verletzungen ein Zuhause auf einem Lebenshof gefunden hat und besonders gerne Erdnussküchlein frisst. Und da war sie schon, meine Ellen, die sich auf einem Lebenshof mit einem Hahn herumschlagen darf.

Kalender in deinem Alltag

Hast du Kalender, die dich im Alltag begleiten? Und damit meine ich nicht nur solche mit Zahl und Wochentag, sondern solche, die mehr Infos geben. Wenn auch nur minimal. Namenstage, Sternzeichen, Sonnenauf- und -untergangszeiten. Wenn du keinen Kalender mit Bildern oder anderen Eindrücken hast, geh online auf Bildersuche indem du das heutige Datum eingibst – aber sei nicht enttäuscht, wenn du kein Husky-Schlittenrennen oder das Glockenspiel aus Bern. Trotzdem können auch hier Fotos dabei sein, aus denen du Ideen spinnen kannst. Am 24. Februar finde ich beispielsweise feiernde Faschingsclowns und ein Bild aus dem Fußball – das miteinander verknüpft ergibt schon eine Situation, aus der sich eine Geschichte entwickeln lässt. Oder nehmen wir den Mann, der Gewichte stemmt, in Kombination mit dem Dirigenten eines Orchesters. Oder du suchst nach dem Zitat des Tages und kreierst daraus eine Idee. Also nicht verzweifeln, wenn du keinen bildreichen Kalender hast – es gibt Möglichkeiten.

Erzähl mir gern in den Kommentaren, was du abgesehen von Tag und Datum siehst, wenn du heute in deinen Kalender schaust. Du willst keine Inspirations-Beiträge mehr verpassen? Dann abonnier den Newsletter und erfahre zuerst, wenn es neue Schreibtipps gibt. newsletter!