Wie schreibt man eigentlich einen Krimi? Das habe ich mich auch gefragt und weil die Ausschreibung der Mörderischen Schwestern für ein Arbeitsstipendium ansteht und ich eine Thrilleridee im Hinterkopf habe, die mir recht gut gefällt, habe ich das Seminar „Erfolgreich Fernsehkrimis schreiben“ bei Martin Thau über die Münchner Filmwerkstatt gebucht.

Der Start

Momentan ist das mit Präsenzseminaren ja nicht immer so einfach und schon gar nicht ratsam. Deshalb war ziemlich absehbar, dass auch dieser Workshop online stattfinden wird. Zwar habe ich ein Seminar über diesen Weg schon mal ausprobiert (ein Social-Media-Workshop mit Hello Chrissy), aber da war es über ein paar Wochen verteilt alle paar Tage für eine Stunde. Und nicht ein Kompakt-Wochenende mit zwei Tagen von 10 bis 18 Uhr. Dass das anstrengend wird, war abzusehen.

Warum ich Online-Seminare mag

Ich bin gern daheim. Hier habe ich alles, was ich brauche, kann jederzeit an den Kühlschrank laufen oder mal eben die Katzen streicheln. Die Fahrzeit und gegebenenfalls Übernachtungskosten sind nicht existent. Alles Dinge, die ich auch im Homeoffice sehr genieße.

Warum ich Präsenz-Seminare mag

Der Austausch mit anderen Schreibenden, gerade in den Pausen, die Gespräche, das Rauskommen (vor allem momentan, wo ich so gut wie nie das Haus verlasse), die neue Umgebung, die Atmosphäre … Es ist einfach etwas anderes, mit Gleichgesinnten in einem Raum zu sitzen, über das Gelernte oder eigene Erfahrungen zu sprechen und sich auf persönlicher Ebene kennenzulernen.

Die Teilnehmer

Schon direkt nach dem Einloggen in dem Seminarraum war ich überrascht. Nicht nur, dass wir gut zwanzig Teilnehmer waren, fast alle kamen auch aus dem Bereich Film, mindestens aber Journalismus. Producer, Autoren, auch Regieassistenten und Maskenbildner. Die Leute kamen quasi vom Set direkt in das Online-Seminar. Das ist dann doch etwas, das ich nicht ganz gewohnt bin.

Egal, ob bei kleinen Wochenend-Kursen oder dem Studiengang, es gab noch immer einen Großteil an Teilnehmern, die das Thema erstmal auf sich zukommen lassen, ohne vorab alle Schreibratgeber durchgeackert oder zahlreiche Romane in der Schublade zu haben. Beim Seminar zur freien Lektorin hat bestimmt die Hälfte der Teilnehmer noch nie mit Texten gearbeitet und beim Thema Social Media waren viele dabei, die „einfach mal schauen“ wollten, ohne irgendwas zu erwarten und bei der Leipziger Autorenrunde fragte mich doch tatsächlich gleich mein erster Sitznachbar, ob ich schon mal ein Buch geschrieben habe und ich dachte nur: „Hä, du nicht? Warum bist du dann hier?“.

Diesmal war es anders. Zwischen Drehbuchautoren für Daily-Formate und Producer für Filme und Serien habe ich mich tatsächlich ziemlich klein gefühlt. Aber warum eigentlich? Ich habe immerhin studiert, Geschichten veröffentlicht, mir eine Selbstständigkeit als Lektorin aufgebaut und war schon in Verlagen, Literaturagenturen und am Filmset. Ja, schon, aber ich habe bisher weder einen Krimi noch ein Drehbuch verfasst.

Das Seminar

Wir werden in diesem Seminar nicht am eigenen Krimi schreiben. Das hat Martin Thau ziemlich früh klargestellt. Und ich muss sagen: Uff. Zwar learned man bekanntlich am besten beim doing, aber nach einer anstrengenden Arbeitswoche und weil ich niemanden der anderen Teilnehmer kannte und kennenlernen konnte, hatte ich keine große Lust, einen eigenen Text oder eine Idee vorzustellen. Die eigenen Texte machen angreifbar. Und weil ich mich mit dem Thema Krimi bisher nicht befasst habe, hätte ich ein super Ziel abgegeben. Deshalb hat es mich einerseits erleichtert, mich abgesehen vom Zuhören nicht beteiligen zu müssen und einfach nur die Infos aufzusaugen. Aber schon mal sechs Stunden (abzüglich Pausen) am Tag Frontal-Unterricht durchgemacht? So spannend der Inhalt auch ist, so lange auf den Bildschirm zu starren ohne Abwechslung ist echt anstrengend.

Der Aufbau

Wenn wir nicht selbst an unseren Ideen feilen, worum ging es dann? Ich bin ja Theoretikerin. Ich habe viele Jahre damit verbracht, Schreiben zu lernen – anhand Seminaren, Büchern und Blogartikeln – und habe zwar auch viel geschrieben, aber mich nie an den Veröffentlichungsprozess getraut geschweige denn an einen Verlag. Davor hatte ich wahnsinnige Angst. Dafür waren meine Texte nie fertig genug. Das hat sich an dem Tag geändert, als ich das Abschlusszertifikat des Studiengangs in der Hand hielt. Da steht nämlich drauf: Die kann das. Und dadurch habe ich das auch geglaubt. Weil ich also gerne lerne, stehe ich auch sehr auf theoretische Seminare.

Entlanggehangelt an einer Präsentation hat Martin Thau ganz theoretisch und anschaulich den Aufbau von Geschichten, insbesondere Krimis, erklärt. Quasi eine Checkliste. Habe ich genügend falsche Fährten? Habe ich eine intensive Vorgeschichte? Habe ich alle Beweise, um einen Verdächtigen als Täter zu überführen? Ich glaube, wer schon mal intensiver über einen Krimi nachgedacht, ihn vielleicht analysiert hat, kennt diese Dinge intuitiv. „Der Täter erscheint immer in Minute X“, hatte einmal eine Freundin zu den Tatort-Folgen festgestellt und auch „Der typische Tatort in 123 Sekunden“ zeigt das klassische Schema, nach dem die Fernsehkrimis ablaufen. Mir als naiver Krimi-Konsument ohne Erfahrung haben diese Punkte allerdings wahnsinnig viel gebracht.

Und das beste: Anhand zwei Folgen einer Crime-Serie und dem Film „In the heat of the nigtht“ (der sogar einen eigenen Titelsong hat) haben wir das Gelernte analysiert und praktisch umgesetzt – wenn auch nicht am eigenen Text. Klar sollte man sein Buch nicht nach Schema F aufbauen. Aber das mal so bunt und plastisch zu sehen, sich daran entlang zu hangeln und dann gegebenenfalls etwas abzuändern, hilft mir wahnsinnig.

Der Inhalt

Bei einem zweitätigen Seminar gibt es natürlich wahnsinnig viele Infos und es ist immer etwas dabei, das man noch nicht wusste. In meinem Fall diesmal etwas mehr als bei anderen Seminaren. Es würde hier nichts bringen, meine Notizen einfach abzutippen – sie könnten das Seminar sowieso nicht ersetzen.

Aber es gibt doch zwei oder drei Aspekte, die mir besonders im Gedächtnis geblieben sind. Sei es die bildliche Info „Im Krimi wird ausgewickelt, was vorher passiert ist“ oder der Kommentar: „Ein Thriller ist ein degenerierter Krimi.“ (An alle Thriller-Autoren, die jetzt getriggert sind: Das ist rein auf den Aufbau bezogen, der nicht alle Schritte des Kriminalromans geht, sondern an einem früheren Punkt endet. Ein Thriller versucht, eine Tat zu verhindern und der Krimi die bereits geschehene Tat aufzuklären).

Der Leser sollte die Opfer mögen und deshalb interessiert am Aufklären ihres Mordes sein und der maßgebliche Unterschied im Vergleich zu anderen Geschichten ist, dass wir im Krimi auf eine Erklärung und nicht auf eine Entscheidung am Ende warten. Keiner mag Hauptfiguren, die mehr wissen als man selbst und am Ende lange schwafeln, was sie ohne uns rausgefunden haben und „Fiktion ist ordentlicher als das Leben.“

Wer sich an der Stelle denkt: Hä? Worum ging es denn jetzt im Seminar eigentlich genau? Wie gesagt: Klar könnte ich meine Notizen abtippen, aber es sind ja nur meine Notizen. Es sind nur die Sätze und Infos, die mir in dem Moment neu waren und wichtig vorkamen, sie aufzuschreiben, weil ich sie sonst vielleicht vergesse. Auf den paar Seiten im Notizheft steht definitiv nicht alles, was in insgesamt zwölf Stunden Seminar thematisiert wurde. Logisch.

Mein Fazit

Mein Krimi-Plot steht zur Hälfte. Und was ist mir nach dem Seminar aufgefallen? Ich habe absolut keine falschen Fährten und Verdächtigen! Und eigentlich ist es gar kein Krimi, sondern ein Thriller, weil der Täter geschnappt werden muss, bevor das Opfer stirbt. Also: Da habe ich noch einiges an Arbeit vor mir, bevor ich den bisher titellosen Krimi oder Thriller bei der Ausschreibung einreichen kann. Von der Recherche fange ich gar nicht erst an … Kann man eigentlich durch die Blutgruppe feststellen, wer als Organspender in Frage kommt und wenn nein: Wie geht es dann und kann das ein Einzelner? Und das sind nur zwei Fragen, die momentan bunt im Handlungsverlauf markiert sind.

Also kann ich fast behaupten, das Seminar hat viele ungestellte Fragen beantwortet und dafür zahlreiche neue Fragen aufgeworfen. Aber das ist gut so. Weil ich wirklich viel gelernt habe. Weil ich wirklich kreative Stunden erleben konnte, nachdem mein Alltag inzwischen kaum eigene Kreativität zulässt. Also ja, es war kein Präsenzseminar, bei dem bestimmt noch viel mehr Atmosphäre auf mich eingeprasselt wäre, aber es hat mich trotzdem aus meinem Alltag herausgeholt.

Es hat mich in eine Welt gesogen, die ich liebe und viel zu sehr vernachlässigt habe. Und es hat mir neue Wege gezeigt, meinen Figuren eine Stimme zu geben und sie ihre Geschichten erzählen zu lassen.

Mehr zum Thema Krimi findest du hier.


Aber wie geht denn nun eigentlich Krimi? Das versuche ich noch genauer herauszufinden und nehme dich dafür hier auf dem Blog mit. Während ich mich an dem für mich neuen Genre ausprobiere, kannst du jeden meiner Schritte beobachten. Vielleicht helfen dir die Tipps, die ich zusammentrage und die Umwege, die ich gehe, um selbst zielgerichtet zu deinem Krimi zu kommen. Du willst diesen Weg nicht verpassen? Dann melde dich für den Newsletter an und erfahre immer als erstes, wenn hier etwas Neues passiert.