Mit Kurzgeschichten und kurzen Geschichten habe ich bisher erst wenig gute Erfahrungen gemacht. Mein Kopf behauptet, es „lohnt sich nicht“ eine Geschichte in nur wenigen Seiten zu erzählen. Da gibt es doch so viel, das noch reingehört! Und wenn es dann doch eine Seitenvorgabe gab, habe ich gefühlt eher eine Szene aus einem (noch nicht erdachten) größeren Zusammenhang gerissen. So wirklich passiert ist auf diesen Seiten dann nichts, kurz war der Text trotzdem.

Inzwischen klappt das ein wenig besser. Zumindest mag ich „Gummibärchen und Erde“ aus der ersten Anthologie der Rosenheimer Autoren „Wundersame Winterzeit“. Und auch mit „56 Minuten“ aus der bald erscheinenden zweiten Anthologie „Zauberhafte Urlaubsgeschichten“ bin ich eigentlich relativ zufrieden. Aber wie geht eigentlich Kurzgeschichte?

Für eine nächste Anthologie steht wieder eine Kurzgeschichte an.
Und diesmal will ich wissen, worauf ich mich da eingelassen habe.

Was ist eine Kurzgeschichte?

Eine Kurzgeschichte ist nicht einfach nur eine kurze Geschichte, auch wenn es vermutlich die einfachste Erklärung für die Textform hätte sein können. Aber so einfach machen es sich die Literaten und Schriftsteller nicht. Kurzgeschichten sind nicht die Textform von gescheiterten Buch-Autoren, die nicht genügend Seiten zusammenbekommen haben. Ganz im Gegenteil: Als Romanautor plötzlich in der Kürze eine ganze Geschichte zu erzählen ist manchmal sogar schwieriger, als es anfangs aussieht. Kurz fassen – das können viele Autoren nämlich gar nicht.  

Formalitäten

Wie für fast alles gibt es auch für Kurzgeschichten Regeln – oder eher Richtlinien. Eine Zusammenfassung über mein Urlaubserlebnis auf Rhodos war beispielsweise keine Kurzgeschichte, auch wenn ich sie als solche bezeichnet habe. Also klar, man kann tatsächlich etwas falsch machen. Aber Schreiben ist Kunst. Und „falsch“ gibt es bei Kunst nicht.

Merkmale

Eine bestimmte Figur erlebt eine bestimmte Sache und zwar unmittelbar. Ich erinnere mich aus der Schulzeit an zwei wichtige Merkmale einer Kurzgeschichte: Direkter Einstieg und offener Schluss. Also wie es so oft auch bei Dialogen oder Szenen im Allgemeinen heißt: So spät einsteigen und so früh abbrechen wie möglich. Gerade dieser knappe Einstieg war etwas, das mir lange Schwierigkeiten bereitet hat. Den Anfang von Romanen zu schreiben ist mir immer recht leicht gefallen – naja, im Nachhinein betrachtet war das eher das Warmschreiben, Figur selbst erstmal kennenlernen, nicht unbedingt für Leser bestimmt. Ihn direkt mit in die Geschichte zu nehmen ist also nicht nur für die Kurzgeschichte wichtig.

Aufbau

Wie jeder Text ist der erste Satz in der Kurzgeschichte besonders wichtig. Genauso wie jeder darauf folgende Satz, natürlich. Aber der Text kann noch so gut sein, ohne einen mitreißenden Einstieg verlierst du deine Leser schon im ersten Absatz. Auch danach solltest du dich nicht in Beschreibungen und Hintergrundinfos verlieren.

So gerne ein Romanautor hier auch eine ganze Welt eröffnen möchte – nein, aus! Es geht hier um ein Thema, eine Sache, einen Protagonisten, nicht um seine Großmutter und die Speisekarte auf der Hochzeit des Nachbarn! Dazu kannst du eine ganz eigene Kurzgeschichte schreiben. Aber bleibe hier bei der Figur und der akuten Handlung. Und wenn du das geschafft hast, kommt gleich die nächste Herausforderung: Überrasche mit einer unerwarteten Pointe am Ende. Oder lass deine Leser mit einem offenen Ende zurück.

Worüber Kurzgeschichten schreiben?

Willst du an einem Wettbewerb teilnehmen oder einer Anthologie deinen Text beisteuern, gibt es oft ein übergeordnetes Thema, nach dem du dich richten kannst. Ansonsten gibt es aber zahlreiche Möglichkeiten, Ideen für deine Geschichte zu finden. Grundsätzlich ist alles möglich, weil du aber nur eine begrenzte Seitenzahl zur Verfügung hast und dich auch was Handlungsablauf betrifft kurzfassen solltest, kannst du dich hier konkret auf ein Gefühl oder ein Alltagsproblem festlegen.

Warum Kurzgeschichten schreiben?

Wie schon erwähnt sind Kurzgeschichten keine Geschichten für gescheiterte Romanautoren. Viel eher eine Herausforderung für eben solche. Egal, ob du schon herausragende literarische Erfolge verzeichnen kannst oder erst heute beschlossen hast, Schreiben auszuprobieren, eine Kurzgeschichte kann perfekt für dich sein.

1) Hast du vergleichsweise schnell einen fertigen Text ohne aufwendige Planung wie bei einem Roman

2) Du musst nicht hunderte Seiten lang denselben Stil und dasselbe Genre durchziehen, sondern kannst dich in unterschiedlichen Geschichten austoben

3) Und vielleicht gewinnst du ja mit einer Kurzgeschichte einen Wettbewerb oder kannst in einer Anthologie veröffentlichen

Auch wenn mir die Ideen für Kurzgeschichten nicht gerade zufliegen, lasse ich mich doch immer öfter auf diese Textform ein. Auch Geschichten, die sich nicht über hunderte Romanseiten erstrecken, sind es wert, erzählt zu werden. Und vielleicht lässt sich die ein oder andere Szene oder Situation, die es dann doch nicht in den Roman geschafft hat, als Kurzgeschichte ausarbeiten?

Wie ist deine Erfahrung mit Kurzgeschichten? Schrieb es doch gerne in die Kommentare.
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